Von der brasilianischen Küche insgesamt zu sprechen, ist nicht ausreichend präzise, da es regional große Unterschiede gibt. Nichtsdestotrotz konnte ich bei meiner Reise einige Speisen und Getränke in allen besuchten Regionen wiederfinden. Dies ist natürlich keine Liste mit Anspruch auf Vollständigkeit – Vorschläge für eine Erweiterung der Liste sind daher herzlich willkommen.
Wer in Brasilien A sagt, muss auch Açai (sprich „A-sa-i“) sagen. Die Brasilianer sind sprichwörtlich „narrisch“ auf diese violette Beere, die als Energiefrucht mit positiven Auswirkungen auf die Gewichtsreduktion und gegen Hautalterung vermarktet wird.
Zubereitet mit viel Zucker und eisgekühlt, damit der Zucker nicht so dominant im Geschmack ist. Aber auch mit Banane und Granola zubereitet sind die Auswirkungen auf die Gewichtsreduktion fragwürdig. Generell gibt es kaum wissenschaftliche Belege dafür, dass Açai außer einer intensiven Farbe, die auch die Zähne beim Essen verfärben, noch andere Wirkungen hat.
Ohne Zucker, also „puro“, ist Açai nichtssagend und wenig schmackhaft. Um den Genuss geht es beim Trinken von Açai eher nicht, sondern um das gute Gewissen, zwar etwas Süßes, aber immerhin mit positiven Nebenwirkungen konsumiert zu haben.
Unzertrennlich mit Açai verbunden ist Guaraná – eine Frucht aus dem Amazonas, die eine ähnlich stimulierende Wirkung wie Kaffee hat. Guaraná in Pulverform wird Açai beigemengt, aber auch in flüssiger Form als Cola-Alternative angeboten. Geschmacklich konnte ich mich während meiner Reise nicht ausreichend assimilieren, so dass ich bis zum Schluss keine Freundschaft mit diesem extrem süßen Getränk schließen konnte. Geschmacklich erinnerte mich dieses brasilianische Ersatz-Cola am ehesten an Energy-Drinks.
Dass die Brasilianer die größten Biertrinker unter dem Herrn sind, habe ich bis zu dieser Reise nicht gewusst. Geschmacklich dünn und preislich fast gleich wie Wasser, wird es in Dosen, Flaschen oder auch frisch gezapft überall angeboten – und auch bereits vormittags gerne getrunken.
Frisch, ungesüßt und eisgekühlt wird Kokoswasser („Agua de Coco“) quasi an jeder Straßenecke angeboten – und ist mit Sicherheit die beste Abkühlung an heißen Tagen. Mit etwas Glück kann man sich die Nuss noch öffnen lassen und das herrlich frische Fruchtfleisch essen.

skeptisch verliebt? Ja, der Zuckerrohrsaft hat es mir schlußendlich dann doch angetan.. nicht nur gebrannt 😉
Was den Saft des Zuckerrohrs („Cana“) betrifft, war ich zunächst skeptisch. Doch frisch gepresst und – wie immer in Brasilien – eisgekühlt serviert ist das Aroma des Zuckerrohrs intensiv. Und es schmeckt unsagbar gut. Schmatz!
Wer frisch gepresste Säfte liebt, für den ist Brasilien der Himmel auf Erden. Eine so schöne Saftpresse, wie hier am Sonntagsmarkt in Manaus, haben allerdings nur wenige Stände zu bieten.
Und ohne „C“ für Cachaça, dem brasilianischen Zuckerrohrschnaps, den ich in Form von Caipirinha – mit verschiedensten Früchten serviert – als neuen Energydrink für mich entdeckt habe, kommt man im Küchenalphabet von Brasilien sowieso nicht aus. Da ich von Österreich nur relativ dünne Mischungen gewöhnt war, hat mich das brasilianische Mischverhältnis zu Beginn meiner Reise doch in andere Sphären katapultiert.
Den für mich besten Caiprinha habe ich übrigens von diesem Herrn im Restaurant „Bar da Dona Onça“ in Sao Paulo serviert bekommen
Aber auch „C“ für diesen kleinen Teigkegel, den es als Snack im ganzen Land zu kaufen gibt. Er wird Coxinha (sprich „Ko-tschi-na“) genannt und mit zerfledertem Hühnerfleisch gefüllt.
Natürlich auch „C“ für Churassco (sprich „Tschur-ras-ko“), dem brasilianischen Grill. Als große Grillanerin bin ich natürlich sofort an meinem ersten Abend in Rio de Janeiro in den „Churrascaria Palace„, der als Institution in Rio gilt und wo bei Live-Bossa-Nova-Musik ordentlich geschlemmt werden kann. Ein großes Vorspeisenbuffet, ein fahrender Caipirinha-Kellner, gegrilltes Gemüse und viel gegrilltes Fleisch wird hier bei guter Qualität geboten.
Ein großes Mysterium ist und bleibt „F“ für Farova für mich, das ich hier sehr skeptisch mit Banane unter Anleitung von Chef Denise bei „Cook in Rio“ zubereite. An trockene Semmelbrösel erinnernd, wird das Maniok-Mehl mit Fett und diversen Zutaten zubereitet und zu sprichwörtlich jedem Gericht serviert. Ich selbst habe erst in Belem bei einem Gericht von Thiago Castanho – dem Jung-Kochstar aus dem Amazonas – begonnen, Farova ansatzweise zu verstehen.
Feijão, das portugiesische Wort für Bohne, ist auf fast jeder Speisekarte zu finden. Am bekanntesten ist natürlich das Gericht „Feijoada“ – ein deftiger Bohneneintopf mit verschiedenen Fleischstücken, das ich gemeinsam mit dem Koch von „O Navegador“ gekocht habe und natürlich auch mit Farova serviert wurde. Apropos „O Navegador“: Ein heißer Restauranttipp für ein Mittagessen im Zentrum von Rio de Janeiro.
„P“ steht in Brasilien für „Pão de queijo“ (sprich „Pau de Kä-schu“) und ist das leicht säuerliche Frühstück- oder Kaffeegebäck, das traditionell mit der Stärke von Maniok hergestellt wird – und mit Käse gefüllt wird. Lauwarm serviert oder frisch aus dem Backofen – wie hier am Sonntagsmarkt in Manaus -, eignet sich diese blasse Teigkugel ideal zur Deckung jeglichen Energielochs am Nachmittag.
„P“ für „praktisch brasilianisch“. Dem Phänomen der „Kilo-Restaurants“, die über das ganze Land verteilt zu finden sind, bin ich in dieser Intensität noch in keinem anderen Land begegnet. In Buffet-Form werden unterschiedlichste Gericht von der Vor- bis zur Nachspeise angeboten und nach Gewicht bezahlt. Die Brasilianer nutzen diese Restaurantform besonders mittags, da sie eben sehr praktisch ist – ich für meinen Teil finde diese Art zu speisen weniger gustiös. Ein wesentlicher Vorteil für Vegetarier: Hier gibt es sogar Salat!
„T“ steht für Tapioka, einem Nebenprodukt bei der Maniok-Erzeugung, das es in unterschiedlichen Verarbeitungsformen zu kaufen gibt. Hier wird im Zentrum von Rio de Janeiro eine Tapioka-Crêpes gefüllt mit Banane, Doce de Leite und Zimt für mich hergestellt. Man gönnt sich ja sonst nichts.
Ich bezeichne sie hier als glutenfreie Crêpes, aber in Brasilien nennt man diese Zubereitungsform einfach Tapioka. Der Fantasie sind bei den Füllungen keine Grenzen gesetzt – zudem schmeckt eine frisch zubereitete Tapioka knusprig und weich zugleich. Je kälter die Tapioka jedoch wird, desto mehr tritt ihre klebrige Eigenschaft in den Vordergrund. (Bianca Gusenbauer, derStandard.at, 10.3.2014)