Glosse & Posse, Reisen
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Wie langweilig ist denn bitte das?

Ich bin gerade mit dem Zug am Weg von Graz nach Wien unterwegs und muss mich aufregen. Also wirklich! Gründe für meine Aufregung? Alle „guten“ Dinge sind ja bekanntlich drei.

Erster Grund: Im lässigen Tribeka-Kaffee in Graz schaue ich mir die Fallstaff-Ausgabe durch und dort werden natürlich mal wieder – Gähn – zum xten Mal die gleichen Lokale durch besprochen und – gähn – die besten – gähn – 10 Lokale – gähn – in Österreich nominiert. Zugegeben, es war meine Wahl, diese Zeitung durchzusehen.

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Zweiter Grund: Im Zug bekomme ich 2 Gratiszeitungen zu lesen – auch meine Wahl und auch mein Fehler. Aus Recherchegründen blättere ich das Woman durch. Aha, das Le Loft wird beschrieben. Schöne Location und auch in der gehobenen Gastronomie angesiedelt. Gähn! Dann schaue ich mir noch das Profil durch und surprise, surprise…. Hier wird das Steirereck zum Xten-Mal beschrieben. GÄHHHHHHNNNNNNNNNNNNNNNNNNNNN! Ich war jetzt mal knapp eine Woche in Wien und mir ist wirklich unzählige Mal ein Bericht vom Steirereck untergekommen. Das Werk der Familie Reitbauer in Ehren, aber gibt es wirklich über nichts Anderes im Zwergenstaat Österreich zu berichten?

Dritter Grund:

http://www.zeit.de/2013/08/City-Guide-Wien-Stammgericht-Schnitzel

GÄHHHHnnnnNNNN! huahh! Bitte die weiteren Restaurant-Tipps auf der zweiten Seite beachten. Palais Coburg im Schnitzel-Artikel… Sehr gut recherchiert! Hut ab! Chapeau!

Bitte sagt es mir, wen interessiert das wirklich?

Ich gebe mein Geld in anderen Lokalitäten aus bzw. habe leider keinen Job, bei dem ich zu Geschäftsessen dorthin eingeladen werde. Wirklich schade! Das bedauere ich sehr. Muss wohl hauptberuflich Journalistin werden.

Fragen, die ich mir daher stelle?

  1. Glauben Journalisten, dass ausschließlich die gehobene Gastronomie in Wien von Interesse für ihre Leser/innen ist? Oder purer Zufall?
  2. Hat die gehobene Gastronomie für Leser/innen von Interesse zu sein?
  3. Welche Zielgruppe soll damit erreicht werden? Welcher Zielgruppe gehöre ich an?
  4. Haben Journalisten tatsächlich ein so hohes Einkommen, dass sie auch in ihrer Freizeit dorthin essen gehen würden?
  5. Lebe ich im falschen Film?

Grübelnd fahre ich nach Wien weiter.

10 Kommentare

  1. Regerl sagt

    gottseidank findet man im falter auch andere lokale, aber es ist wirklich ägerlich, so besonders ist das steirereck nämlich auch nicht mehr. übrigens das tian…… hmmmm

    • Sogar in der zeit haben sie sich vor kurzem bemüßigt gefühlt, herrn reitbauer die rezeptur f das perfekte wiener schnitzerl zu entlocken. GÄHN! die krönung: im artikel wurde das coburg als lokaltipp angegeben. Hattigucki! Schnitzel im coburg… Nobel geht die welt zugrunde.

  2. ich finde es gut, dass da mal jemand anspricht. ich liebe essen, aber war mein lebtag noch nie im wiener steirereck und könnte mir besuche in all den hochdekorierten haubenlokalen nicht leisten. ich finde es schon gut, wenn über innovative spitzenküche berichtet wird, trotzdem geht mir im food-journalismus eine ausreichende bodenhaftung ab.

  3. wo’st recht hast, hast recht, ziemlich exakt die selben gedanken ritten mich auch kürzlich… 😉

  4. das ist eine kleine polemik, schon klar. aber: übers steirereck könnte man noch viel mehr berichten. denn was die reitbauers dort machen, gibt’s in ö kein zweites mal. über die lieferanten, über das entstehen neuer gerichte, über reitbauers stil, über gemüsesorten, die kein mensch kennt, die aber hier ums eck wachsen und noch viel mehr wachsen würden, wenn sie denn abseits der spitzengastronomie jemand kaufen tät bzw. sich die mühe machen würde, sie überhaupt zu finden (ochsenherz, krautwerk, bach, feigenhof,…). alle, die gerne und viel übers essen reden und vor allem alle, die übers essen beruflich schreiben, sollten zumindest einmal dort gewesen sein. und selbstverständlich dafür bezahlt haben. man muss nicht „viel geld“ haben, um einmal dort zu essen, sondern es wichtig genug finden, dafür geld auszugeben. so, wie für viele andere dinge auch: fetzen, kosmetik, schuhe, gadgets, reisen, fortgehen. es gibt nicht das böse establishment und den guten kleinen billigen wirten (im idealfall quereinsteiger, der natürlich alles ganz anders macht), sondern sehr viel mehr dazwischen. gute quellen dafür sind: speising, slow food, falter, auch a la carte (vor allem die bookazines sind eine fundgrube für wien). es wird schon drüber berichtet. man muss nur die richtigen medien lesen 😉
    ps: selbst wenn du hauptberuflich (freie) journalistin bist, zahlt dir niemand deine restaurantrechnungen. und das ist auch gut so.

    • danke für dein ausführliches statement, aber um die großartigkeit des steirerecks ist es ja nicht gegangen, sondern darum, dass dies bekannt ist und ich es übertrieben finde, wenn auch noch „die“ schnitzelexpertise bei herrn reitbauer liegt. meines erachtens wurde seine großartigkeit bereits ausführlich in den medien besprochen und dadurch eine marktdurchdringung und sättigung erreicht, was subjektiv zu einer negativen konnotation führen kann.
      an der kulinarischen großartigkeit der familie reitbauer wurde keinesfalls gekratzt und ich stelle allen frei, wie sie ihr geld ausgeben möchten. 😉 fetzen oder futter! wie herr und frau wollen 😉 und vielleicht sogar UND anstelle von ODER? 😉
      aus systemischer sicht betrachte ich die omnipräsenz von spitzengastronomie in den medien allerdings kritisch. warum? darüber können wir uns dann trefflich und ausführlich bilateral „streiten“. 😉

      • eh machma das. aber ich halte „omnipräsenz von spitzengastronomie“ für selektive wahrnehmung, die wollte ich ein bisserl geraderücken 😉 futter und fetzen, selbstverständlich, ajedawiaramog.

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